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Universitätsmusikdirektor
Prof. Constantin Alex

Constantin Alex ist seit 1993 Universitätsmusikdirektor an der Humboldt-Universität, hat aber in mehr als 30 Dienstjahren nichts von seiner Begeisterung für die Musik verloren. Die musikalische Arbeit mit den Studierenden, denen er den Weg zur Musik eröffnet, scheint ihn jedes Semester wieder zu verjüngen. Zu Beginn seiner Zeit in Berlin gründete er im Januar 1994 zunächst Humboldts Philharmonischen Chor als Oratorienchor, denn ein großer Chor dieser Art fehlte im Spektrum des musikalischen Angebots der HU. Gleichzeitig entstand Humboldts Studentische Philharmonie als Symphonieorchester, nicht nur, um die Aufführung von Oratorien zu ermöglichen, sondern gleichzeitig auch jede Art der symphonischen Orchestermusik erlebbar zu machen. Parallel dazu übernahm er die Leitung der "cappella academica", des Traditionsorchesters der HU. Orchester und Dirigent bemühten sich bis 2003 um konstruktive gemeinsame musikalische Arbeit, doch lagen die Vorstellungen von Anspruch und Arbeitsweise zu weit auseinander. Deshalb ging man seither getrennte Wege, und Constantin Alex gründete das "Symphonische Orchester der HU", das aus dem Stand mit Tschaikowskys 5. Symphonie ein bemerkenswertes Lebenszeichen gab. Seither sind unter dem Dach der "Musik an der Humboldt-Universität" 4 Chöre, unterschiedlich in Größe und Repertoire, 3 Symphonieorchester und eine Bigband versammelt, die ein eindrucksvolles und weites Spektrum der Musik an der Uni ermöglichen.

1963 in der beschaulichen Stadt Rendsburg kaum geboren, entstand in Constantin Alex der glühende Wunsch, Organist zu werden, da seine Kinderhände auf der hölzernen Emporenbrüstung der Marienkirche so aufregend vibrierten, wenn der Organist die letzten Register zog. Er bekam also zunächst Klavier- und später Orgelunterricht und trat im Alter von 12 Jahren seine erste Organistenstelle an der Kirche St. Martin in Rendsburg an. Während Abitur, Zivildienst und zwei glücklosen Semestern Kirchenmusik in Herford reifte der Entschluss, statt Kirchenmusik doch lieber Orchesterleitung und Klavier zu studieren. Dies tat er an der Musikhochschule Detmold in den Fächern Klavier (Prof. Renate Kretschmar-Fischer), Orchesterleitung (Prof. Karl Heinz Bloemeke) und Chorleitung (Prof. Alexander Wagner). Ganz konnte und wollte er allerdings der Kirchenmusik nicht den Rücken kehren, denn die Organistenstelle an der Trinitatisgemeinde in Bad Salzuflen ernährte ihn während des Studiums, und er gründete und leitete dort von 1986 bis 1992 die "Bad Salzufler Jugendorchesterwochen". Gleichzeitig sammelte er erste Erfahrungen auf dem Gebiet der Oper als Studienleiter bei den Opernkursen der Jeunesses musicales auf Schloss Weikersheim sowie als Solorepetitor am Landestheater Detmold. 1988 verhinderte ein plötzliches Engagement als Solorepetitor am Nationaltheater Mannheim, dass Constantin Alex sein Kapellmeisterstudium regelkonform abschloss, aber sein Klavierstudium beendete er mit Auszeichnung. Wenig später wechselte er als Repetitor und Kapellmeister an die Oper Frankfurt am Main. Neben reicher Erfahrung in der Arbeit mit Sängern und dem Orchester brachten ihm die vier Jahre in Frankfurt die Begegnung mit Sir Georg Solti, dessen Solorepetitor und Assistent er bei den Salzburger Festspielen in den Jahren 1992 bis 1997 war. Ebenfalls in Salzburg war er 1993 Assistent von Claudio Abbado für eine Produktion von Brahms' "Ein deutsches Requiem".

Vor und während seiner Zeit an der Humboldt-Uni gastierte Constantin Alex als Dirigent an den Opernhäusern Coburg, Münster und Mönchengladbach und leitete Symphoniekonzerte mit dem Münchener Kammerorchester, der Württembergischen Philharmonie Reutlingen, dem Folkwang Kammerorchester sowie dem Preußischen Kammerorchester Prenzlau. Der Internationale Medizinerchor EMSC engagierte ihn für die Leitung von Bachs „Johannes-Passion" 1997 in Berlin, der „Matthäus-Passion" 1999 in Stockholm und von Rossinis „Petite Messe Solenelle" 2002 in Berlin. 1993 bis 1995 war er Gastdirigent des Rundfunkchores Berlin.

Für sein Leben gern unterrichtet Constantin Alex Dirigieren, denn das genaue Beobachten, welche Haltung, Bewegung oder Geste zu einer unmissverständlichen Dirigierbewegung wird, die dem Orchester dient und jenseits aller Eitelkeit so effektiv wie möglich ist, faszinierte ihn schon 1990 in Frankfurt. Dort hatte er einen ersten Lehrauftrag an der Musikhochschule bis 1995, bis 1998 auch an der UdK Berlin.

An den wenigen freien Wochenenden oder in den Semesterferien, wenn er nicht gerade Partituren studiert oder Klavier übt, sieht man Constantin Alex seinem liebsten Hobby nachgehen: Ein kleines Fachwerkhaus in Mecklenburg-Vorpommern mit einem großen Garten lehrt ihn seit 1994 alles, was man an handwerklichen Fähigkeiten braucht: Er saniert Fachwerk, baut Fenster und Möbel, gestaltet den Garten.

Doch das Wichtigste bleibt die musikalische Arbeit mit den jungen Menschen. Menschen zu Chören und Orchestern zu vereinen, Musik mit ihnen gemeinsam auszuwählen, einzustudieren und aufzuführen, ihnen die Kostbarkeit aller Musik nahebringen und sie im Üben und Lernen anzuleiten, mit der gemeinsamen Musik vieler internationaler Menschen Harmonie zu erschaffen und damit automatisch ein Zeichen gegen Rassismus und Nationalismus bzw. für den Frieden zu setzen, das bleibt die Passion des Dirigenten und Pädagogen Constantin Alex.



Hunderte von Taktstöcken

Ein Gespräch mit Universitätsmusikdirektor Prof. Constantin Alex anlässlich des 25-jährigen Jubiläums von „Musik an der HU“ im Februar 2019

Was waren bisherige musikalische Highlights in Ihrer Zeit als Universitätsmusikdirektor?

Zu den Highlights zählt mit Sicherheit die erste Aufführung des Verdi-Requiems, bei der beide Orchester sowie Humboldts Philharmonischer Chor und der Chor der Humboldt-Universität gemeinsam auf der Bühne standen. Das Werk war gut einstudiert, wir hatten tolle Solisten und in der vollen Kirche herrschte eine unglaubliche Atmosphäre. Nachdem der letzte Ton verklungen war, folgte zunächst minutenlange Stille, bis endlich tosender Applaus ausbrach. In ähnlich guter Erinnerung ist mir auch die Aufführung von Bachs Matthäus-Passion geblieben. Und natürlich war die Messe für den Papst, die Wolfgang Seifen eigens für unsere Ensembles komponiert hatte, etwas ganz Besonderes. Einmal im Petersdom dirigieren zu dürfen, war unvergesslich.

Welche Konzertreisen sind Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben?

Rom, Prag und die Konzertreise nach Polen. Auf dieser standen unter anderem Frank Martins „In terra pax“ sowie Werke von Rudolf Mauersberger und Walter Steffens auf dem Programm. Es war ein Programm gegen den Krieg und insofern ein ganz besonderes Erlebnis, diese Musik in der im 2. Weltkrieg von den Deutschen zerstörten Brigittenkirche in Danzig aufzuführen. Es lief sehr gut und viele Menschen kamen nach dem Konzert auf uns zu.

Was waren die schwersten Programme, die Sie dirigiert haben?

Mahlers 8. Symphonie ist auf jeden Fall dabei. Sehr schwer waren auch Blachers „Großinquisitor“ und Brittens „War Requiem“.

Wie viele Haare haben Sie in den vergangenen 25 Jahren verloren und wie viele sind grau geworden?

Also verloren habe ich ungefähr die Hälfte. Von der übrigen Hälfte sind vielleicht noch 30% dunkel geblieben.

Was war die größte Besetzung, die Sie bisher dirigiert haben?

An unseren Aufführungen von Beethovens 9. Symphonie und an Verdis Requiem waren jeweils mehr als 400 Musikerinnen und Musiker beteiligt. Das Projekt mit Mahlers 8. Symphonie mit mehr als 500 Mitwirkenden auf der Bühne toppt diese Aufführungen aber noch einmal.

Was war das lauteste Fortissimo in der letzten 25 Jahren?

Das kann ich tatsächlich ziemlich genau sagen. Bei der Ouvertüre zu „The Tempest“ von Sibelius gab es an der lautesten Stelle mit einem Mal einen riesigen Schlag. Ein großes gerahmtes Bild, das im hinteren Teil des Kirchenraums im Rahmen einer Kunstinstallation aufgehängt worden war, krachte bei unserem Fortissimo zu Boden. Knapp gefolgt ist dieses von der Apokalypse-Szene im sechsten Satz von Brittens „War Requiem“. Da stellten wir nach der Aufführung fest, dass die Tonaufnahme des Konzerts bei diesem Fortissimo plötzlich aussetzte und erst kurz nach der lautesten Stelle wieder einsetzte. Offensichtlich übersteuerten die Aufnahmegeräte bei der hohen Lautstärke und schalteten einfach ab.

Welche drei Gegenstände im Universitätsmusikdirektor-Büro haben sich in den 25 Jahren als die wichtigsten herausgestellt?

Der Flügel, die Partituren und ein Buch namens „Orchestral Music in Print“, das den Titel, die Länge und die Besetzung nahezu aller Orchestermusik beinhaltet und angibt, in welchem Verlag die entsprechenden Noten erschienen sind. Ansonsten vielleicht noch mein Telefon. Der Computer eher nicht.

Was ist Ihr Lieblingsinstrument?

Eigentlich muss ich da die Antwort verweigern, denn es gibt tatsächlich kein Instrument, von dem ich nicht mindestens ein Stück kennen würde, in dem es wunderbar klingt. Natürlich sind mir Klavier, Orgel und Cello am nächsten, da ich sie selbst spiele, aber ich liebe alle Instrumente.

Besitzen Sie seit 25 Jahren denselben Taktstock und denselben Frack?

Tatsächliche hole ich nächste Woche den zweiten Frack meines Lebens ab. Taktstöcke habe ich allerdings schon hunderte verschlissen.

Die Fragen stellte Friederike Kezia Walch